Es war vergangene Woche wohl die beherrschende Nachricht in den einschlägigen Medien und Foren: Facebook hat sein neues Feature „Facebook Shops“ vorgestellt. Wobei „vorgestellt“ es nicht ganz trifft, denn viel mehr als eine Pressemitteilung samt Video und ein paar Screenshots gibt das Unternehmen bislang noch nicht preis.
Trotzdem ist die E-Commerce- sowie Social Media Szene erstmal in hellem Aufruhr. Doch wie wird Facebook Shops tatsächlich aussehen und was wird der Shopping Feed können bzw. was nicht? Welche Auswirkungen könnte das auf User, Konsumenten und die Betreiber des Shops haben? Wir wagen erste Prognosen.
Vorab: Bisher konnten Privatpersonen über den Facebook „Marketplace“ bereits Produkte kaufen (ähnlich Ebay). Dies jedoch mit bisher eher mäßigem Erfolg in Deutschland. Werbetreibende fokussierten sich bisher auf Shoppable-Ads bei Instagram, in denen die User auf ausgewählte Produkte mit Shopping-Tag im Bild klicken konnten und direkt in den Online-Shop weitergeleitet wurden. So weit, so gut. Doch nun baut Facebook ein komplettes Shop-Frontend, sodass die User die gesamte Customer-Journey von der Auswahl der Produkte bis hin zum Checkout und Zahlung über Facebook abwickeln können.
Kann sich dieses Angebot wirklich gegen die Big-Player im E-Commerce wie Amazon und Google behaupten? Oder ist es nur ein weiterer Flop wie die letzten Versuche von Mark Zuckerberg Innovationen der breiten Maße der Facebook User schmackhaft zu machen (z.B. Marketplace oder VR-Formate)?
Um das seriös beantworten zu können, müsste man vorhersehen können wie sich das Online-Shopping in Zukunft entwickeln wird und das kann natürlich niemand. Was wir durchaus tun können, sind die Stärken und Schwächen von Facebook Shops gegen die der etablierten Player zu stellen und daraus folgende vier Prognosen abzuleiten:
- Facebook Shops wird vor allem die Macht des Feeds nutzen!
- Facebook Shops wird keine direkte Gefahr für Amazon & Co werden!
- „Der Händler um die Ecke“ bekommt mehr Optionen. Und muss sich entscheiden!
- It’s all about data (mal wieder)! Facebook Shops wird eine große Auswirkung auf das Schalten von Anzeigen und deren Preisgestaltung haben!
Facebook Shops wird die Macht des Feeds nutzen!
Facebook hat eine große Stärke gegenüber Amazon, Google und Co: den Feed. Mobile Erfolgsgeschichten wie Instagram, TikTok, Snapchat und nicht zuletzt Facebook basieren auf starken und relevanten Feeds. Dabei hat sich Facebook in den letzten Jahren vom Freundes-Feed zum Nachrichten-Feed gewandelt. Warum also sollte nicht auch der Wandel in Richtung Shopping-Feed gelingen?
Betrachtet man den Platzhirschen Amazon, ist der Feed tatsächlich seine große Schwäche. Denn es mangelt dem User an Inspiration. Wenn dieser bereits weiß, was er sucht, findet er es auf Amazon zweifelsohne schnell und zuverlässig in einer großen Auswahl. Diese ist aber alles andere als hilfreich, wenn ich mich von Trends, Einrichtungen, Fashion etc. inspirieren lassen möchte. Facebook hingegen hat hier insbesondere mit Instagram, seine große Stärke. Die User werden feedbasiert ständig mit neuen Trends von Marken, denen sie folgen, bespielt und können Produkte nun auch direkt shoppen. Ein großes, lautes digitales Schaufenster quasi. Angekündigte Formate, wie „Live-Shopping“ lassen aufhorchen und sollten bereits bei allen Marketeers und Social Media Konzeptern auf dem Schreibtisch liegen. Teleshopping in cool. Beim discovery-getriebenen Shopping wird Facebook eine Nische füllen, die z.B. Amazon bisher nicht bedienen konnte.
Facebook Shops wird keine direkte Gefahr für die bestehenden Big Player wie Amazon werden!
Betrachtet man die mediale Berichterstattung nach der Pressemittelung von Facebook, so gab es nur eine Frage: Wird Facebook nun Amazon überholen? Vorab: Diese Frage kann klar mit Nein beantwortet werden. Und das liegt in erster Linie an den unterschiedlichen Plattformen bzw. Aufbau der beiden Giganten. Amazon wird auch weiterhin das unangefochtene Non-Plus-Ultra der Branche bleiben. Das liegt vor allem an der jahrzehntelangen Erfahrung mit Online-Shops, der großen Auswahl, der zuverlässigen Logistikabwicklung sowie Kundenbindungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Amazon Prime. Gegen diese Qualität, Geschwindigkeit und geballte Erfahrung wird Facebook erstmal keine Chance haben.
Hinzu kommt, dass bereits über 50% aller Produktsuchen inzwischen nicht mehr über klassische Suchmaschinen abgewickelt werden, sondern direkt über Amazon. E-Commerce ist in großen Teilen durch spezifische Suchen getrieben – hier aber wird die Facebook Shop-Welt mehr aus einem Flickenteppich einzelner Angebote mit eigenem Check-Out bestehen. Diese Fragmente in eine übergreifende und funktionierende Suche zu integrieren, dürfte Facebook kurz- bis mittelfristig wohl kaum gelingen. Für den großen, von der direkten Suche getriebenen Anteil des E-Commerce wird Facebook vorerst keine relevante Rolle spielen. Facebook wird sich hier auf seinen Feed konzentrieren und sich mit dem kleineren Stück vom Kuchen zufriedengeben.
Der Händler um die Ecke bekommt mehr Optionen. Und muss sich entscheiden.
Der Launch von Facebook Shops wird vermutlich den Markt für Shop-Systeme ordentlich durcheinander wirbeln, nachdem sich Mark Zuckerberg direkt an „die kleinen Läden um die Ecke“ wenden will. In der Pressemitteilung von Facebook heißt es, dass Facebook mit Partnern wie z.B. Shopify zusammenarbeiten werde. So werden sich Händler in Zukunft entscheiden müssen ob sie mehrere Kanäle managen wollen oder nur auf einen Facebook Shop setzen wollen. In diesem Fall würde Facebook in einen Wettbewerb mit diversen Shop-Anbietern treten und hat hier aller Voraussicht nach auch gute Karten den ein oder anderen kleinen Händler von seiner all-in-one Lösung zu überzeugen.
It’s all about data. Die Auswirkungen auf Facebook Werbeanzeigen.
Mark Zuckerberg hat zum Launch von „Shops“ betont, dass das Angebot bis auf die Zahlungsabwicklung für die Händler kostenlos sein wird. Kein Wunder, denn für Facebook steckt das viel lukrativere Monetarisierungspotenzial auch nicht in Shop-Gebühren, sondern in der Feinjustierung von Reichweiten. Denn Google weiß, was die Leute suchen, Facebook weiß was ihnen gefällt, aber Amazon weiß was sie tatsächlich kaufen und für welchen Preis.
Und genau hier liegt wieder ein entscheidender Vorteil von Amazon: Sie besitzen die wertvolleren Datensätze. Mit der Integration von Facebook Shops kann Facebook nun Werbeanzeigen viel direkter auf den Kauf ausrichten, ohne dass der User wie bisher die Plattform verlassen muss. Facebook begleitet den User nun direkt bis zum erfolgreichen Kaufabschluss und sammelt dabei Daten, die dabei helfen Werbeanzeigen noch zielgerichteter ausrichten zu können. Das wird sich natürlich entsprechend im Preis für Werbetreibende auf Facebook wiederspiegeln.
Fazit: Ein wichtiger Schritt in die Zukunft des Online-Handels. Mehr Möglichkeiten für Marketeers und Social Media Manager.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass Amazon weiterhin der Big Player im Market bleiben wird, dafür sind Auswahl, Preis und Logistik zu gut und zu etabliert. Facebook wird seine Stärken bei der Inspiration ausspielen. Der Trend, dass Marken jedoch versuchen unabhängiger von Amazon zu werden, wird Facebook sicherlich in die Karten spielen, hier ist der Zeitpunkt des Launchs passend gewählt. Hinzu kommt, dass Facebook die idealen Plattformen stellt, um Influencer-Produkte direkt zu vermarkten.
In der Ankündigung stellt Facebook sein neues Produkt vor allem als Angebot für kleine Unternehmen „von nebenan“ vor. So richtig spannend jedoch wird es für Facebook erst dann, wenn auch große Brands das Angebot nutzen und somit auf der Angebotsseite eine weitere Professionalisierung eintritt. Und große Marken wiederum werden sich sehr genau ansehen, wie Facebook Shops im Vergleich zum eigenen Onlineshop performt. Welche Daten bekommen die Brands dann von Facebook über ihre Kunden?
Unter’m Strich hat Facebook Shops einiges an Potential und Power, um den Online-Handel kräftig aufzumischen. Dies wird allerdings nicht reichen um die Machtverhältnisse im E-Commerce zu verschieben. Allerdings bleibt es spannend zu beobachten wie Facebook sein neues Produkt weiterentwickelt und wie der Markt darauf reagieren wird. Eins steht fest: Profitieren kann in erster Linie vor allem der User.
Die ANKOMM:
Die ANKOMM begleitet als Full-Service Marketing Agentur Kunden seit jeher dabei, mutige Wege zu gehen, um beste Ergebnisse zu erreichen. Ob bei der Einführung neuer Produkte, unkonventionelle Recruiting-Kampagnen oder der Kommunikation in herausfordernden Geschäftsfeldern, wir entwickeln Lösungen, die passen. Mehr Informationen und eine Auswahl bisheriger Cases gibt’s hier: https://www.ankomm.de/was-wir-tun/
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